Schiiten

Schiiten
Schiiten,
 
die kleinere der beiden Hauptgruppen des Islam, etwa 10 % der Muslime umfassend. Als Anhänger der Schia erkennen die Schiiten im Unterschied zu den Sunniten nur Ali Ibn Abi Talib und seine Nachkommen als rechtmäßige Nachfolger des Propheten (Imame) an. Nach Alis Tod haben sich die Schiiten - ausgehend vom Südirak - allmählich in mehrere Gruppen gespalten. Politisch standen sie seither meistens in kämpferischer Opposition im Rahmen der sunnitischen Herrschaftsbereiche. Zum Schutz vor Verfolgungen ist es den Schiiten gestattet, ihren Glauben zu verbergen. Einen ersten schiitischen Staat gründeten die Fatimiden in Ägypten (909-1171). Innerhalb der Schiiten bilden die Imamiten (»Zwölfer-S.«) die größte Gruppe. Sie erkennen eine Reihe von zwölf Imamen an. Diese gelten als frei von Sünde und mit unfehlbarem Wissen begabt. Der zwölfte Imam befindet sich nach imamitischer Lehre seit 874 in der Verborgenheit und wird am Ende der Zeit als Mahdi wiederkehren. Bis dahin sind in Vertretung oberste Religionsgelehrte der schiitischen Klerikerhierarchie, die als Mudjtahids (arabisch) oder Ayatollahs (persisch) anerkannt werden, zur Entscheidung in religiös-politischen Zweifelsfragen durch den Idjtihad berechtigt. Verbreitet sind die Imamiten im Südirak, besonders aber im Iran, wo sie seit der Dynastie der Safawiden (16. Jahrhundert) zur religiös und politisch bestimmenden Kraft geworden sind. Am 10. Tag des Muharram gedenken die Schiiten mit Passionsspielen der Ermordung des dritten Imam Husain in der Schlacht von Kerbela (680), der nach schiitischem Glauben als Märtyrer starb und zum Symbol für Verfolgungen in einer dem schiitischen Glauben feindlicher Welt geworden ist. - Kleinere schiitische Gruppen sind die Ismailiten (»Siebener-S.«), die nur sieben Imame anerkennen und die Saiditen (»Fünfer-S.«), die sich schon mit dem fünften Imam abgespalten haben. Zu den kleineren schiitischen Gruppen sind auch die extremem Schiiten (Ghulat) zu rechnen, die den Kalifen Ali als göttliche Wesen verehren. Geistiges Zentrum der Schiiten ist die theologische Hochschule in Kum; Hauptwallfahrtsorte sind Kerbela und Nedjef. - Aus dem schiitischen Islam ismailitischer Richtung sind die islamische Sondergemeinschaft der Nusairier, die Religionsgemeinschaft der Drusen und der Geheimbund der Assassinen hervorgegangen.
 
 
W. M. Watt u. A. T. Welch: Der Islam, Bd. 2: Polit. Entwicklung u. theolog. Konzepte (a. d. Engl., 1985);
 H. Halm: Die Schia (1988);
 Y. Richard: Der verborgene Imam. Die Gesch. der Schia in Iran (a. d. Frz., Neuausg. 1989);
 A. Rieck: Die S. u. der Kampf um den Libanon. Polit. Chronik 1958-1988 (1989);
 H. Halm: Der schiit. Islam. Von der Religion zur Revolution (1994);
 
Der Islam in der Gegenwart, hg. v. W. Ende u. U. Steinbach (41995).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Fundamentalismus: Islamischer Fundamentalismus
 
Sunniten und Schiiten
 

Universal-Lexikon. 2012.

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